5. SEPTEMBER 2024

Autogenes Training zum Einschlafen – so funktioniert's

Superba schlafende Frau

Erholsamer Schlaf ist die Voraussetzung dafür, dass wir uns voller Energie ins Leben stürzen können. Doch in unserer Leistungsgesellschaft leiden immer mehr Menschen unter stressbedingten Einschlafproblemen. Autogenes Training zum Einschlafen fördert die Entspannung und kann unsere Gedanken beruhigen. Wir verraten dir, wie du die Methode zum Stressabbau erlernen kannst und welche Grundübungen dir beim Einschlafen und Durchschlafen helfen. 

 

  • mit mehr Achtsamkeit gegen Schlafstörungen
  • Was ist autogenes Training?
  • Wie funktioniert die Entspannungstechnik?
  • Hilft autogenes Training beim Einschlafen?
  • Ist die Methode auch für Anfängerinnen und Anfänger geeignet?
  • Was kann ich beim autogenen Training erreichen?
  • Autogenes Training lernen: Was muss ich beachten?
  • Grundübungen für Tiefenentspannung

Mit mehr Achtsamkeit gegen Schlafstörungen

Kennst du das: Du lässt dich erschöpft in dein Bett fallen und wünschst dir nichts sehnlicher, als schnell einzuschlafen, doch die Augen wollen dir einfach nicht zufallen? Während einige Menschen innerhalb von wenigen Minuten ins Reich der Träume gelangen, haben immer mehr von uns Probleme damit, sich abends ausreichend zu entspannen. Ein stressiger Alltag mit hohen Anforderungen im Job und Privatleben führt dazu, dass wir unsere innere Unruhe oft mit nach Hause nehmen. Dabei möchten wir doch gerade in den eigenen vier Wänden unsere Sorgen loslassen und uns von Herzen entspannen können. Negative Gedanken lassen sich jedoch nicht so einfach aussperren. Gerade, wenn wir sie tagsüber immer wieder zurückdrängen und uns nicht ausreichend um Entschleunigung kümmern, machen sie nachts umso lauter auf sich aufmerksam. Dann finden wir nachts keinen Schlaf und fühlen uns am nächsten Morgen erst so richtig müde und schlapp. Doch je mehr wir die Entspannung erzwingen wollen, desto eher verschlimmert sich das Problem noch. Dann können aus dem negativen Gedankenkarussell sogar chronische Schlafprobleme resultieren. Autogenes Training zum Einschlafen soll diesen Teufelskreis durchbrechen können. Die Methode versetzt unser Nervensystem in einen angenehmen Ruhezustand und hilft uns dabei, Schlafproblemen mit Achtsamkeit den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Schlafende Frau Superba

Was ist autogenes Training? 

Autogenes Training ist eine Technik, um im täglichen Leben Ängste und Stress besser zu bewältigen. Es bietet den Menschen Werkzeuge, um sich zu entspannen, sei es im Büro, zu Hause oder auf Reisen. Verschiedene Übungen sollen dazu beitragen, dass wir uns selbst in einen Zustand der Ruhe versetzen können. Autogenes Training erinnert deshalb ein wenig an Selbsthypnose. Und tatsächlich wurde die Entspannungstechnik damals von dem Berliner Psychiater Johannes Heinrich Schultz aus der Hypnose heraus entwickelt. Das Wort autogen leitet sich aus dem Lateinischen und Altgriechischen ab und kann mit „von innen heraus erzeugt" übersetzt werden. Damit ist die Entspannung gemeint, die durch autosuggestive Formeln vom Betreffenden selbst erzeugt werden soll. In der Übungsphase wird meist jedoch nicht allein auf die eigene Vorstellungskraft zurückgegriffen. Stattdessen verlassen sich gerade zu Anfang viele auf einen Trainer oder ein Anleitungsvideo, die den Entspannungszustand zunächst von außen initiieren. Das Endziel der Methode ist jedoch, dass der Betreffende es alleine schafft, innerlich zur Ruhe zu kommen, ohne auf äussere Hilfsmittel oder Reize angewiesen zu sein.

Wie funktioniert die Entspannungstechnik? 

Autogenes Training macht sich die menschliche Fähigkeit zunutze, uns selbst zu beeinflussen. Die Entspannungstechnik ist besonders als natürliche Methode gegen Schlafstörungen bekannt, jedoch hat autogenes Training eine positive Wirkung auf viele andere Leiden: So wird es unter anderem dazu eingesetzt, chronische Schmerzen, Migräne oder Depressionen zu behandeln.  Im Mittelpunkt steht dabei stets die menschliche Vorstellungskraft. 

Zentrales Element beim autogenen Training sind die Autosuggestion und die Psychosomatik. Autosuggestion ist eine sanfte Form der Selbsthypnose, die vom Einzelnen selbst induziert wird. Beim autogenen Training visualisiert man bestimmte körperliche Zustände und Gefühle für sich selbst. Die Wechselwirkung zwischen Psyche und Körper ist auch bekannt als psychosomatischer Mechanismus. Damit ist gemeint, dass sowohl die Psyche den Körper beeinflusst als auch umgekehrt der Körper auf die Psyche reagiert.

Schlafender Mann Superba

Wenn du mit autogenem Training anfängst, stehen zunächst Wärme und Schwere im Mittelpunkt. Es wurde wissenschaftlich belegt, dass die mentale Vorstellung von Wärme und Schwere im Arm tatsächlich zu einer Erhöhung der Hauttemperatur um 2 °C bis 3 °C und zu einem messbaren Gewichtsanstieg führen kann. Wenn du dir also vorstellst, dass sich dein Arm plötzlich warm und schwer anfühlt, ist das nicht nur reine Einbildung. Angeregt durch deine Vorstellungskraft, tritt tatsächlich eine verstärkte Durchblutung sowie eine erhöhte Muskel- und Gefäßentspannung im betreffenden Körperteil auf. Autogenes Training hat also konkrete und nachweisbare Effekte auf den Körper.

Hilft autogenes Training beim Einschlafen?

Du kannst dir das Wirkprinzip von autogenem Training zunutze machen, wenn du besser einschlafen willst. Doch die Methode funktioniert nur, wenn du die Entspannung nicht zu erzwingen versuchst. Sicher hast du selbst schon einmal festgestellt, dass Zwang oft das genaue Gegenteil bewirkt: Je stärker wir uns vornehmen, endlich einzuschlafen, desto weiter rückt eine angenehme Nachtruhe für uns in die Ferne. Um das autogene Training erfolgreich durchzuführen, ist es entscheidend, dass du lernst, geduldig zu sein und darauf zu vertrauen, dass deine Vorstellungen nach und nach Wirklichkeit werden. Autogenes Training ist daher keine SOS-Hilfe bei Einschlafproblemen. Es kann im Gegenteil einige Wochen oder sogar Monate dauern, bis du die Fähigkeit zur Selbstentspannung erlernst. Doch auch wenn es am Anfang Geduld braucht, zahlt sich die Mühe nachher aus: Autogenes Training hilft dir, langfristig besser ein- und durchzuschlafen?

Ist die Methode auch für Anfängerinnen und Anfänger geeignet? 

Grundsätzlich kann jeder Mensch autogenes Training erlernen. Wer die Entspannungstechnik meistern möchte, sollte sich jedoch am Anfang Unterstützung holen. Ein Kurs für autogenes Training ist der schnellste Weg, erste Erfolge zu erzielen. Denn der Trainer kann dir nicht nur individuelle Hilfestellung bei den verschiedenen Übungen geben, sondern sich auch gezielt auf dein Lerntempo einstellen. Eine Alternative stellt autodidaktisches Lernen mit Hilfe von Büchern und Videokursen da. Gerade, wenn du Schlafprobleme oder andere chronische Leiden mit der Methode behandeln willst, kommst du mit einer komplett eigenständigen Lernweise wahrscheinlich langsamer und mühsamer an dein Ziel. 

Guppen Training Autogenes Training

 

Vorsicht ist jedoch bei bestimmten Angststörungen und Problemen mit Panikattacken geboten. Hier gibt es Berichte, dass Betroffene ihre Probleme durch das Training teilweise verschlimmert haben. Solltest du daher feststellen, dass du dich durch die Methode nicht besser fühlst, dann höre lieber erst einmal mit dem Training auf und probiere stattdessen andere Entspannungsmethoden wie Meditation, Yoga oder PMR.  

Was kann ich beim autogenen Training erreichen?

Wenn du dich in der Entspannungsmethode übst, erzeugst du durch den gezielten Einsatz von Autosuggestionen Wärme- oder Schwereempfindungen in deinem Körper. Dadurch verlangsamt sich deine Atmung und dein Körper tritt insgesamt in einen Zustand der Entspannung ein. Geübte Anwender wiederholen dazu formelartige Suggestionen wie „Mein rechter Arm ist ganz schwer.“ Die einzelnen Übungen verhelfen dir mit der Zeit zu innerer Ruhe und einem friedvollen Entspannungsgefühl. Wer viel Erfahrung und jahrelanges Training hinter sich hat, kann auch mit weniger spezifischen Formeln denselben Effekt erzielen. Anstatt sich auf einzelne Gliedmaßen wie die Arme oder Beine zu konzentrieren, können erfahrene Praktizierende ganzheitliche Autosuggestionen verwenden, wie z.B. „Ich bin ganz ruhig.“ Der Körper reagiert daraufhin mit Tiefenentspannung. Auf diese Weise kann auch das Ein- und Durchschlafen durch die Anwendung des autogenen Trainings erleichtert werden.

Autogenes Training lernen: Was muss ich beachten?

Wir stellen dir gleich verschiedene Grundübungen vor, mit denen du dein Training beginnen kannst. Doch zunächst gilt es ein paar Dinge zu beachten. Als Ausgangsposition empfehlen sich in der Praxis drei Haltungen:

  • die entspannte Rückenlage mit leicht erhöhtem Kopf und locker angewinkelten Armen
     
  • das Sitzen in einem Sessel oder Stuhl mit dem Kopf an die Rückenlehne angelehnt, den Armen auf den Armlehnen und leicht gespreizten Beinen
     
  • die „Kutscherhaltung": Du setzt dich zunächst aufrecht hin und lässt dich anschliessend nach vorne sacken, sodass dein Kopf locker nach unten hängt. Die Arme und Hände kannst du auf deinen Oberschenkeln ablegen.

Dann folgen verschiedene Übungen mit jeweils spezifischen Formeln, die du im Regelfall sechs Mal wiederholst. Alle Übungen werden mit geschlossenen Augen durchgeführt. Zwischen den einzelnen Übungen ist es hilfreich, sich immer wieder auf den inneren Entspannungszustand zu konzentrieren und dir dazu die Ruheformel „Ich bin vollkommen ruhig und entspannt" aufzusagen. Abgeschlossen wird das autogene Training stets mit einem Lösungsritual. Hierbei gibst du deine Entspannungshaltung auf, indem du deine Hände zu Fäusten ballst, deine Augen öffnest und deinen Körper anschließend reckst und streckst, um wieder im Hier und Jetzt anzugelangen. Die Ausnahme stellt autogenes Training zum Einschlafen dar, bei dem das Lösungsritual entfällt und du in der Entspannungshaltung verweilst, bis du in den Schlaf fällst.

Müde Frau Superba

Grundübungen für Tiefenentspannung

  1. Ruheübung: „Ich bin vollkommen ruhig und entspannt." Die Ruheübung ist die Grundlage jedes Trainings und hilft dir dabei, dich zu beruhigen und deine Konzentration zu stärken- 
     
  2. Wärmeübung: „Mein Körper ist ganz warm." Die Wärmeübung soll die Durchblutung deiner Gliedmassen fördern. Die Gefässe weiten sich, sodass sich dein Körper weiter entspannen kann. 
     
  3. Schwereübung: „Mein Körper ist ganz schwer." Damit sich ein wohliges Schweregefühl in deinen Gliedmaßen ausbreitet, praktizierst du anschliessend die Schwereübung. Hierbei kannst du die Formel auch anpassen und dich beispielsweise zunächst auf deine Arme oder Beine konzentrieren („Meine Arme sind ganz schwer.").
     
  4. Herzübung: „Mein Herz schlägt ruhig und kräftig." Nun konzentrierst du dich auf deinen Herzschlag. Visualisiere das gleichmässige Pochen deines Herzens und entspanne dich noch tiefer. Wenn du in der Vergangenheit mit Herzproblemen zu tun gehabt hast, solltest du diese Übung vorab mit deinem Arzt besprechen und eventuell erst einmal darauf verzichten, da sie stark wirksam sein kann. 
     
  5. Atemübung: „Meine Atmung ist ruhig und gleichmässig." Nach dem Herzschlag konzentrierst du dich anschliessend auf deinen Atem.
     
  6. Sonnengeflechtsübung: „Mein Bauch ist strömend warm." Bei der Sonnengeflechtsübung liegt der Fokus auf dem Bauchbereich, doch die Formel hat Auswirkungen auf den gesamten Körper. Dabei lenkst du deine Aufmerksamkeit auf deine Körpermitte und stellst dir vor, wie sich eine wohlige Wärme von der Magengegend in den gesamten Körper ausbreitet.
     
  7. Kopfübung: „Meine Stirn ist angenehm kühl." Um deinen Fokus zu steigern und deinen Kopf zu befreien, wiederholst du die Formel der Kopfübung. Migränepatienten können statt der Stirnformel alternativ „Mein Kopf ist frei und leicht." aufsagen. 
     
  8. Eigene Formeln: „Mein Schlaf ist gut und tief." Um deine individuellen Ziele, wie z.B. schnelleres Einschlafen oder tieferen Schlaf, mit dem Training zu erreichen, kannst du dich nach und nach an deine eigenen Formeln wagen. Selbstverständlich solltest du vorher die Grundübungen gemeistert haben, bevor du deine eigenen Autosuggestionen praktizierst. In jedem Fall muss deine Formel stets eine positive Aussage treffen und sollte im Präsens formuliert sein. Und wenn du dann noch fest an die Aussage glaubst, solltest du mit der Zeit Erfolge sehen und deine Schlafqualität langfristig steigern können. 
     

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